Werte 2020

Werte 2020

Da hört man immer wieder die Menschen diskutieren, ob wir Deutsche nun Werte haben und welche das eigentlich genau sind. Schließlich haben ja andere Kulturen viel mehr Werte und auch so viele bestimmte, die ihnen wichtig sind. Aber wenn man sich dann zur Weihnachtszeit in den Familien oder Single Haushalten umschaut oder umhört, wird schnell deutlich: ja, wir haben Werte. Oder nennen wir sie Rituale oder Gewohnheiten. Kleine lieb gewonnene Traditionen. Das fängt beim weihnachtlichen Dekorieren der Wohnung an.

Wehe, wenn der Adventskranz nicht pünktlich zum 1. Advent fertig ist. Und natürlich dürfen die Lichterketten am Haus, im Garten oder am Balkongeländer nicht fehlen, je mehr desto besser. Dabei sind sowohl warmweiße als auch kaltweiße Lichter zu finden, je nach Belieben. Inzwischen sind ja auch diese Licht Projektionen stark im Kommen. Da wedeln Schneeflocken oder Eiskristalle über ganze Hauswände.

Und dann der Tannenbaum: der ganze Stolz eines jeden Haushalts. In allen Größen, egal ob künstlich oder echte Nordmanntanne, stehen sie mittlerweile schon lange vor dem Heiligen Abend in unseren Wohnzimmern. Man will ja schließlich lange etwas davon haben. Und auch hier sind wir flexibel, ob nun der Weihnachtsschmuck von Oma in der 3. Generation oder die neuen modernen Plastikkugeln vom Discounter, was an den Baum kommt, entscheidet jeder selbst. Aber auch hier gilt: ein bisschen Nostalgie schadet nie. Früher war zwar mehr Lametta, dafür haben wir heute wesentlich mehr Farben zur Auswahl.

Und schauen wir doch mal auf die vielen anderen Rituale, die wir in der Weihnachtszeit pflegen. Da werden Plätzchen gebacken, viele Dosen voll leckerem Spritzgebäck, Makronen oder bunt verzierten Sternen, Herzen oder Blumen. Wer selbst keine backt, bekommt sie von Nachbarn oder Arbeitskollegen geschenkt. Die Adventszeit ohne Plätzchen wäre nur halb so schön. Apropos essen: nur zu gerne unterhalten wir uns über das Weihnachtsessen am Heiligabend und an den beiden Weihnachtsfeiertagen. Was wird gekocht? Was gibt es zu essen? Eine der wichtigsten wenn nicht die wichtigste Frage zum Weihnachtsfest. Und wieder gilt: wir sind flexibel und tolerant. Wird bei den einen der traditionelle Gänse- oder Sauerbraten serviert, darf es bei den anderen eher rustikal mit Kartoffelsalat und Würstchen sein. Aber auch Raclette oder Fondue erfreuen sich wachsender Beliebtheit. In einem sind wir uns jedoch einig, das Weihnachtsessen ist etwas ganz Besonderes. Der Tisch wird festlich gedeckt, das Essen wird zelebriert, man isst mehr als man eigentlich kann und am liebsten im Kreis der ganzen Familie.

Ob nun die Bescherung vor oder nach dem Essen stattfindet, hängt oft davon ab, ob wir mit Kindern feiern oder nicht. Fest steht jedoch: Geschenke gehören unter den Baum! Und sie werden erst verteilt und ausgepackt, wenn ein Glöckchen läutet, oder ein Weihnachtslied gesungen wurde. Naja, das mit dem Singen ist so eine Sache. Darauf wird immer mehr verzichtet aus unterschiedlichen Gründen. Aber vielleicht war man ja zuvor auch schon in der Kirche und hat fleißig mitgesungen beim traditionellen „Oh du Fröhliche“ am Ende des Gottesdienstes. Denn ja, viele von uns gehen nur einmal im Jahr in die Kirche. Nämlich zu eben diesem schönen uns so wichtigen Gottesdienst (schlechtes Gewissen inklusive). Doch wir wollen nicht verzichten auf die festliche Stimmung, die schön geschmückte Kirche und die vielen bekannten Gesichter aus der Nachbarschaft, auf den Segen vom Pfarrer, die wohlklingenden Stimmen des Kirchenchors und auch nicht auf das chaotische Krippenspiel der Kommunionskinder oder Konfirmanden.

Ich habe mal gelauscht im Freundeskreis und war erstaunt über die vielen weiteren kleinen Rituale und Traditionen, die zur Weihnachtszeit gelebt werden. Ob es der gemütliche Fernsehabend mit dem „kleinen Lord“ ist, oder der gemeinsame Besuch des Friedhofs wenn die Familie zusammenkommt, oder das jährliche Treffen mit der alten Schulfreundin, die angereist ist, oder das Aussuchen des Weihnachtsbaums, das Plätzchen Ausstechen mit den Enkelkindern, das Einpacken und Verzieren der Geschenke, all das sind unsere Rituale. Sie sind uns wichtig. Sie stehen für Familie, für Geborgenheit, Freundschaft und Tradition. Es sind unsere Werte in einer modernen Welt.

Unseren Kindern erzählen wir, dass das Christkind oder der Weihnachtsmann die Geschenke bringt, auch da sind wir übrigens Demokraten durch und durch. Wir wollen nur, dass sie so lange wie möglich daran glauben und diese Tradition weiterführen.

Im Jahr 2020 wird uns all das mehr als bewusst. Weil es ein Jahr ist, das uns viel abverlangt hat: Verzicht, Einsamkeit und Trübsinn. Manchmal sogar Sorgen und Ängste um die Zukunft. Die Welt ist ins Wanken gekommen. Viele unserer Traditionen konnten nicht ausgelebt werden wie gewohnt. Und gerade deshalb versuchen wir, es uns zu Weihnachten dennoch schön zu machen. So gut es eben geht.

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